Tunnel

Getarnte Maulwürfe im Angesicht mit dem Berggeist
Von dem Werk, das die Mineure tun, kann man weniger sehen. Freilich, an den Eingängen, der jeweils zwei Löcher, die sie von verschiedenen Seiten in die Berge graben, stapelt sich das Gestein in eindrucksvolle Höhen. Doch mehrmals am Tag und auch in der Nacht, wenn die Stille der umliegenden Dörfer von plötzlichem dumpfem Grollen unterbrochen wird, wissen alle, die gelernt haben, dass hier kein Gewitter im Anmarsch ist, dass die Tunnelbauer wieder ein Stück geschafft haben. Und sie hoffen gleichzeitig, dass alles nach Plan verlaufen sein möge. Dass die Mineure auch in modernen Zeiten noch Wert auf  feste Bräuche legen, verwundert angesichts der Unwägbarkeiten des Berges nicht. Die heilige Barbara, Schutzpatronin der menschlichen Maulwürfe, ist mit einer jeweiligen Patin noch heute präsent. Den künftig längsten Tunnel Deutschlands schützt mit Christiane Herzog (verstorben am 16. Juni 2000) die Gattin des seinerzeitigen Bundespräsidentin. Claudia Nolte, damals Bundesministerin, gab ihren Segen für den guten Willen des Berggeistes der Alten Burg. Für den inzwischen fertig gestellten Behringer Tunnel zeichnete mit Gisela Dornbusch die Leiterin des Kreis-Amtes für Wirtschaftsförderung mental verantwortlich. (Foto: R. Ehrlich)

Grund legende Neustrukturierung von Siedlungsräumen
Die Tunnel erschließen aber auch eine andere Dimension, deren Wert erst erkannt wird, wenn er schon fast zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Zwischen Suhl, der neuerdings zwar weniger bedeutenden, aber immer noch größten Stadt der Region, und dem nördlichen Waldvorland des Ilm-Kreises entsteht mit der unterirdischen Verbindung eine grundlegend neue Qualität der Siedlungsbeziehung. Wirtschaft und Handel und natürlich den Bewohnern stehen bald in Minuten jene Kontakte zur Verfügung, den früher das Gebirge mit seinen überlasteteten Passstraßen schlicht im Wege stand. Selbst die Entfernung zwischen der Landeshauptstadt und dem südlichen Mittelzentrum halbiert sich in ihrem zeitlichen Aufwand.

Die neue Österreichische Tunnelbauweise
Der Vortrieb der Untertagebauwerke geschieht nach den Grundsätzen der sogenannten „Neuen Österreichischen Tunnelbauweise”. Bei diesem Bauverfahren ist der Vortrieb eine Aufeinanderfolge von Ausbruch (gebirgsschonendes Sprengen bzw. mechanisch) und Sicherung der Hohlräume. Unmittelbar nach dem Ausbruch erfolgt die Sicherung - je nach den angetroffenen Gebirgsverhältnissen durch eine Kombination von Spritzbeton, Ausbaubögen, Betonstahlmatten, Ankern und Spießen. Die Sicherung dient dazu, Gebirgsauflockerungen zu reduzieren und einen möglichst schnellen Kraftschluss mit dem Gebirge herzustellen. Der Hohlraum wird so stabilisiert, gleichzeitig werden die Belastungen für das endgültige Bauwerk reduziert. Binde- und Zusatzmittel sowie die Verfahrenstechnik des Spritzbetonauftrags werden so gewählt, dass eine ökologische Verträglichkeit des Spritzbetons erreicht wird. Zwischen Spritzbeton und Ortbetonschale wird ein Abdichtungssystem aus Geotextil und Kunststoffbahnen verlegt, das nachsickernde Bergwasser durch spezielle Drainagen abgeleitet. Der endgültige Ausbau besteht aus einer 30 cm dicken, überwiegend nichtbewehrten Ortbeton-Innenschale, die nach dem Abklingen der Gebirgsverformungen eingebaut wird. Die Wirksamkeit der ausgeführten Sicherungsmaßnahmen wird ständig durch ein geotechnisches Meßprogramm überprüft. (Quelle Text und Grafik dieses Abschnittes: DEGES)

 

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