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Geratal-Köpfe
Hier finden Sie Dossiers über die politische Klasse des Geratals .

 

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Zuerst nur ein Special, ist dieser Bereich inzwischen Qoutenhit auf dieser Site.

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Geratal-Köpfe

Kleine Anzahl - Großer Einfluss
Die politisch mächtigen Köpfe im Geratal sind an zwei Händen abzuzählen. Sie sollen an dieser Stelle vorgestellt werden. Entscheidungen jeder Art lassen sich besser vorbereiten, wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat. Auch für das Verständnis politischer Prozesse ist die Kenntnis ihrer Entscheidungsträger von großem Wert


Eine eingeschworene Gemeinschaft
Weit über das normal übliche Maß arbeiten die Bürgermeister des Geratals zusammen. Wo man andernorts neben den für die Dienstdurchführung notwendigen Kontakten in erster Linie einen gesunden (oder auch krankhaften) Konkurrenzkampf erwarten würde, steht hier eine eingeschworene Gemeinschaft zusammen.

Ein Bahnhofsvorsteher macht Karriere
PART I: A star was born
Der Architekt dieser Gemeinschaft ist der Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft, Frank Geißler. Er ist durchaus nicht nur der Chef einer Verwaltung, sondern versteht sein Amt politisch, im übrigen durchaus im Gegensatz zu  Amtskollegen in der Umgebung. Nicht überall findet diese “Abweichung” von den eigentlichen Aufgaben ungeteilten Beifall, doch haben gerade die Kommunalwahlen im Sommer 1999 gezeigt, dass die Mehrheit der Bevölkerung dieser Strategie (bewusst oder unbewusst) zustimmt.
Frank Geißler (geb. 1954) begann seine politische Karriere erst in den 90er Jahren. Der damalige Bürgermeister von Geraberg, Günther Irrgang, hatte für den Vorsteher des Bahnhofs Martinroda eine Alternative bereit. Als Verwaltungsangestellter mit dem gewissen Machtinstinkt erlangte er bald jenen Wissensvorsprung, der ihm Kompetenz, Anerkennung und danach auch die ersten politischen Erfolge sicherte. Kurz darauf stürzte er im Martinrodaer Gemeinderat Bürgermeisterin Helga Stelzner, ein Vorgang, der nur deswegen möglich war, weil die Gesetze die Wahl (und Abwahl) des Bürgermeisters dem Gemeinderat (damals Gemeindevertretung) überließen. Bis zum Sommer 1994 war er selbst Bürgermeister in Martinroda. Und in dieser Zeit kümmerte er sich um seine politische Nachfolge. Ihn nämlich drängte es nicht zur Wiederwahl, sondern zu Höherem. Der Posten des Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden versprach nicht nur mehr politischen Einfluss, sondern auch einen Vollzeit-Job mit entsprechender Bezahlung. Die Bürgermeister hingegen wurden kraft Gesetz in allen Orten unter 3000 Einwohnern zu ehrenamtlicher Arbeit verdammt.
Der Coup gelang. Anita Altmann, als ABM-Kraft in der Gemeindeverwaltung gestartet, beerbte Geißler als dessen politisches Ziehkind im Amt. Das wiederum war wichtige Voraussetzung beim Sturm auf die Krone des Geratals. Um diese nämlich stritt er sich mit seinem Ziehvater Günther Irrgang. Während der aber gern die Dominanz Gerabergs demonstrierte, profilierte Geißler sich listig als der Mann des Ausgleichs zwischen allen Orten. Und auch wenn Geraberg rein einwohnermäßig die Hälfte des Geratals ausmacht, Entscheidungen konnte Geraberg nicht allein, wohl aber im härtesten Fall alle anderen gegen Geraberg herbeiführen. Und so blieb nach kurzen mentalen Anlaufschwierigkeiten Frank Geißler unumstrittener Führer des Geratals.

PART II: Machtausbau
Dies war vor allem deswegen einigermaßen einfach zu erreichen, weil zunächst keiner der neuen Bürgermeister an Erfahrung mit F.G. mithalten konnte. Sie also freundlichst auf einen akzeptablen Wissensstand zu bringen und gleichzeitig zu klären, dass sich ein ehrenamtlicher ja nicht um alles kümmern musste, diese Strategie war ebenso listig wie offenkundig. Selbst wenn einige der neuen Herrscher etwas dagegen einzuwenden gehabt hätten, was sollten sie wirklich tun?
F.G. setzte seine neue, unausgespochene Macht zunächst jedoch verantwortungsvoll ein. Er saß nicht nur außerordentlich oft mit den Bürgermeistern zusammen, sondern besuchte auch alle ihre Gemeinderatssitzungen von der ersten bis zur letzten Minute. Freilich nicht nur, um freundliche Hilfestellung bei verwaltungstechnischem Krimskrams zu geben, sondern auch um allzeit die Kontrolle über den Gang der Dinge zu behalten.
Regelrecht zum Märtyrer wurde er, als er sich gar von einem Antrag, aus der geheimen Sitzung ausgeschlossen zu werden, nicht aufhalten ließ. Dem Ultimatum, dann auch die öffentlichen Sitzungen zu boykottieren, wollte sich keiner wirklich stellen.
Ein Zufall verhalf ihm dann 1997 zu jenem Symbol, mit dem sich die Einigung der Geratal-Kräfte unter seiner unauffälligen Regie auch in der Öffentlichkeit perfekt inszenieren ließ.
Die Wiedereroberung des gleichnamigen Schlosses (an anderer Stelle sollen diese Vorgänge noch ausführlicher beschrieben werden) durch die Gemeinde Elgersburg war der erste Vorgang, mit dem die Bürgermeister des Geratals nicht nur beim täglichen Verwaltungstun sondern nach außen hin ihre Gemeinsamkeit demonstrierten. Politisch und mit durchaus verbindlichen Kampfansagen traten alle gemeinsam hervor, um ein eigentlich nur für ein Dorf relevantes Problem mit lösen zu helfen.
Doch nicht bei allen Vorhaben wie dem der Schlossbelebung wollten die Rechnungen aufgehen. Das Thema der Schulstruktur im Geratal war ein solches. Der dramatische Geburtenknick nach der Wende brachte die Schulen im Land reihenweise an den Rand der Existenz. F.G. hatte eine Idee, ja die Pläne, wie die Kinder so zu verteilen wären, dass man viele Schulen halten könne, erhielten in den Medien sogar seinen Namen. Und doch blieb ein Restmisstrauen, denn obwohl auf kreislicher Ebene der Fall entschieden wurde, blieb bei den Grundschulen schließlich die in Martinroda übrig.
Auch F.G. selbst empfand den Ausgang der Entscheidung wohl als eine Niederlage, denn da erwies sich, dass man im Kreistag nicht jene Lobby hatte, die man brauchte. Und er war es auch, der erkannte, dass es an der Parteilosigkeit der Führungsriege lag, warum nicht alle Pläne reiften...

PART III: Noch mehr Einfluss im schwarzen Gewand
Die Kommunalwahlen 1999 brachten einen bedeutenden Einschnitt. Hinterher sollte F.G. zu Protokoll geben, dass er schon vor dem Regierungswechsel in Bonn entschieden hatte, der CDU beizutreten. Die fatalen Anfangspatzer der rot-grünen Bundesregierung mögen ein Übriges getan haben, dass sein Beispiel auf fruchtbaren Boden fiel.
An Anfang des Jahres 1999 ging es um die Frage der Wiederwahl der Geratal-Bürgermeister. Das florierende System eines eingespielten Teams aus Bürgermeistern und VG-Chef sollte erhalten werden. Für erstere schien dies keine Frage zu sein. Amtsinhaber abzuwählen ist schon in normalen Zeiten ein schwieriges Unterfangen. Fast unmöglich wird es, wenn diese auch noch akzeptable Ergebnisse vorzuweisen haben und es weder Kronprinzen in den eigenen Reihen noch Oppositionsführer mit wirklichen Format gibt. Doch der Gemeinschaftsvorsitzende wird im Unterschied zu den Bürgermeistern noch immer von der Gemeinschaftsversammlung gewählt, in die jeder Gemeinderat eine der Bevölkerungszahl entsprechende Anzahl Vertreter entsendet. Geheim noch dazu und mit der theoretischen Möglichkeit, nach einer Stellenausschreibung auch einen wildfremden Gegenkandidaten mit süßen Versprechungen ins Amt zu heben. Spätestens hier musste sich F.G. an seine eigene Machtübernahme in Martinroda erinnert haben. Nur wenn es eine weitere Bindekraft außer der gemeinsamen Amtsausübung geben würde, wäre die Frage des Machterhaltes zusätzlich abgesichert.
Es dauerte nicht allzu lange, da sickerten weitere Parteieintritte durch. Udo Lämmer in Angelroda und Anita Altmann in Martinroda machten den Anfang. Ab hier wurde es schwieriger. Ingolf Schwarze in Elgersburg setzte auf seine früheren Weggefährten, die Bürgerliste. Die aber setzte nicht auf ihn. Dieses traumatische Erlebnis brachte ihn kurz darauf gleichfalls zum Parteieintritt. Lange ließ sich hingegen Heinz Hertwig in Geraberg bitten. Und man brachte ihn nach langem Ringen auch nicht zur Mitgliedschaft, wohl aber zur Sieg sichernden Kandidatur auf der CDU-Liste. Dieser Vorgang, so legitim er aus der persönlichen Sicht der Handelnden und vom Standpunkt der Nützlichkeit für die Region war, brachte Oppositionen hervor, zumindest in Elgersburg und in Geraberg.
Aber auch im ganzen Tal war dieser Vorgang neu. Der notgedrungen rüde Ton, mit dem man die etablierte Konkurrenz angreifen musste, tat ein übriges: In der Nacht nach der Wahl stand fest: Vier der fünf Bürgermeister (Eberhard Günschmann in Neusiß übrigens ganz ohne CDU, Ingolf Schwarze brauchte erst die Stichwahl) sind mit großem Erfolg im Amt bestätigt und in ihrem Gefolge auch die bis dato vielerorts gar nicht existente und woanders vor sich hin dümpelnde CDU.
Wer wollte da an der erfolgreichen Wiederwahl des VG-Chefs noch zweifeln?

PART IV: Raketengleicher Aufstieg
So ganz nebenbei war die neue Konstellation nicht nur bestätigt worden, sondern es kam ein wichtiges Moment hinzu. F.G. und mit ihm mehr oder weniger zufällig auch die neue CDU-Frontfrau des Geratals, Anita Altmann, schafften den Sprung in den Kreistag. Nun, so die neue Zuversicht, würde niemand mehr, ohne die Gerataler zu fragen, einfach so über deren Köpfe hinweg entscheiden. Zu dumm, nur, dass die richtungsweisenden Beschlüsse alle schon längst gelaufen waren. Was also blieb? Der neue Mann machte sich eine alte Schwäche zunutze. Im Haushalts- und Finanzausschuss zu sitzen, war nämlich wegen der vielen unübersichtlichen Zahlen nicht jedermanns Sache. Wie freuten sich die Alteingesessenen, als der neue Mann, diesen drögen Job übernehmen wollte. Und wie rieben sie sich die Augen, als in der Haushaltsdebatte plötzlich nicht mehr nur der Landrat, sondern die CDU-Fraktion und ihr haushaltspolitischer Sprecher als eigenständige Wesen auftauchten. Dass man in diesem Haushaltsausschuss nicht nur Zahlenkolonnen abnicken, sondern sie auch verändern kann, machte F.G. vor. Die ersten Neider, die sich um ihren alten Einfluss gebracht  sahen, ließen natürlich nicht allzu lange auf sich warten. Widerstand aber macht F.G. erst wirklich kreativ. Wo große Brocken im Wege liegen, lenkt er trickreich um sie herum.
Und die kleinen Brocken? Was sich im Kreistag ignorieren ließ, hätte die gleiche Verfahrensweise natürlich auch an der Heimatfront erfahren können.
Doch wenn plötzlich Widerstände auf gesichert geglaubten Terrain auftauchen, reagieren Machtmenschen im allgemeinen weit über dem Limit. Und schon der bloße Verdacht reichte für manche der früheren Mitstreiter aus, um den Stab über sie zu brechen. War die Kampagne gegen die Gegner vor dem Wahltag noch von einer gewissen Vorsicht geprägt, so schlug die Rache, als der Sieg sicher war, umso erbarmungsloser zu.
Und hier offenbart sich das Grundkonzept. Politik als die Kunst der Kompromisse, diese Formel gilt für F.G. nur so lange, wie dieser Konkurrent anders nicht besiegbar ist. Mit weniger Einflussreichen Übereinkünfte zu schließen, um womöglich der Vielfalt zu dienen, ist nicht die Sache des Mannes. Sie tun entweder exakt, dass, was er will, oder sie sind dem Untergang geweiht. Und das nicht nur im Konflikt selbst, sondern ab diesem Tag so lange, bis doch noch die Unterwerfungserklärung gnädig angenommen wird.
Die Erfahrungen, die F.G. mit von ihm unversehens zu Gegnern erklärten Personen machen musste, die er nicht auf normale und auch nicht auf hinterlistige Weise besiegen konnte, sind jung. Also darf der Bonus genommen werden, auf diesem Felde des Menschenumgangs noch ein wenig lernen zu dürfen. Und spätestens am Ende der nächsten Legislaturperiode, wenn seine jetztigen Machtpositionen gesichert sind, wird F.G. nach der nächsten Ebene greifen. Wir werden es erleben... Der Inhaber des Landtagsmandates Siegfried Jaschke wird wohl kaum noch eine Wahlperiode anhängen, da ist doch bald ein Mandat frei...

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Zwei notwendige Randbemerkungen

Wie wohl nicht anders zu erwarten, hat nach kurzer Zeit der Text auf dieser Seite intensive Reaktionen ausgelöst. Deswegen einige Bemerkungen des Autors an dieser Position.

Zunächst die erste: Wenn auch mit einiger Verzögerung, ist die Information in einem neuartigen Medium an ihre Adressaten gelangt, zu denen natürlich auf die Beschriebenen selbst gehören. Völlig ohne Werbeaufwand, wie betont werden muss. Was recht eindrucksvoll beweist, wie weit das Internet der öffentlichen Meinung dienen kann, wenn man sich seiner zu bedienen weiß. Die bei manchen noch immer vorhandene Meinung, das Internet stecke noch in den Kinderschuhen und solle erst genutzt, werden, wenn es so verbreitet sei, wie etwa das Fernsehen, wird so ad absurdum geführt.
Und noch etwas gilt es zu bekräftigen:
Im nebenstehenden Text ist des öfteren von der Macht die Rede. Und von den Mechanismen, mit deren Hilfe sie zu mehren sei. Eher am Rande wird beschrieben, was die Mächtigen mit dieser Macht tun.
Deswegen klar und deutlich: Der Autor hat bis auf vernachlässigbare Ausnahmen in der Zeit seiner Beobachtung der Geratalpolitik keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass diese Macht entgegen ihrer Zweckbindung eingesetzt wurde.
Selbst wenn man konstatieren mus, dass die parlamentarische Kontrolle durch die Gemeinderäte mit der Qualität der Amtsführung der Geratal-Mächtigen nicht immer mit halten kann: Die Bürger haben Mitte 1999 - mehrheitlich diesen Kurs bestätigt, und das obwohl er in den hiesigen Medien weder unbeschrieben noch unkommentiert blieb. Sie legitimierten damit die Inhalt und die Form der Geratalpolitik gleichermaßen.
Nicht die Macht an sich ist es, die als moralische Kategorie von vorn herein etwas Schlechtes ist. Gleichwohl ist sie kritisch zu beobachten - eine Aufgabe, der sich die auf der jeweiligen Ebene vorhandene Medien stellen müssen - im konkreten Falle also unter anderem (Achtung - Werbung!) die
Thüringer Allgemeine. Dies wiederum können die Medien nur in dem Maße tun, wie der Bürger (Leser) als demokratischer Souverän sich an dieser Kontrolle beteiligt. Er selbst nämlich hat es in der Hand, die Macht zu begrenzen oder zu beenden, wo er sie auf die falsche Weise benutzt sieht. Das hat er bisher nicht getan, sondern eher das Gegenteil. Unterstellen wir also weiter, dass er dies bewusst machte, dann folgert hieraus, dass er diese Machtfülle will. Und am konkreten Fall kann er sich überzeugen, dass konkret etwas dabei heraus kommt.